Wurde es noch extremer?
JH: Ja, nach dem Tal ging es immer höher in Richtung Berg, und dann fing irgendwann der Gletscher an, auf dem wir mit unseren Eisen teils extreme Steigungen überwinden mussten, in Fünfergruppen an den Seilen und mit dem Bergführer vorweg. Der gab immer Anweisungen, was hieß, dass wir nicht stehen bleiben sollten, stellenweise hörte man auch schon mal das Eis knacken.
Sie sollten nicht stehen bleiben, weil das Eis sonst brechen könnte?
JH: Ja, der Letzte in der Gruppe ist immer am meisten gefährdet, weil vorher schon mehrere über die Stelle gegangen sind. Einer unserer Kunden ist tatsächlich in eine Gletscherspalte eingebrochen. Aber alle waren ja am Seil, mit Eisen an den Schuhen und Helmen auf dem Kopf, da war das kein großes Problem. Die Gruppe hat ihn gut gehalten, man konnte den Oberkörper auch noch sehen.
Hoppla. Gab es noch weitere „Highlights“ in puncto Grenzerfahrung?
JH: Das letzte Stück war auch noch eine Herausforderung. Der Zuckerhütl war bis vor zehn Jahren noch komplett in Schnee und Eis gehüllt. In den letzten Jahren ist der Gletscher aber stark geschmolzen, sodass man dort einen Geröllhaufen vorfindet mit riesigen Steinen, über die wir die letzten 250 bis 300 Höhenmeter klettern mussten.
Das klingt anstrengend.
JH: Anstrengend, weil es sehr hoch ist, aber die meiste Kraft hat hier die Überwindung gekostet. Wir kamen nach dem Gletscher dorthin und waren sowieso schon erschöpft. Dann sahen wir auf einmal diesen Berg, der noch immer 300 Meter in die Höhe ging, und unser Führer sagte: „Da gehen wir jetzt noch hoch.“ Ein Kunde und ich haben eine halbe Stunde lang mit ihm diskutiert, ob wir das noch machen sollen. Schließlich hat er ein Machtwort gesprochen und gesagt: „Wir gehen jetzt da hoch. Wenn ihr da nicht hochgeht, werdet ihr das euer Leben lang bereuen.“ Und dann haben wir allen unseren Mut zusammengefasst und sind gegangen.
Und schließlich hatten Sie es geschafft. Was war das für ein Gefühl?
CV: Ich habe nur gedacht: Zum Glück hast du das gemacht. Zumal dann der Helikopter mit unserem Kreuz kam, das jetzt auch in allen Wanderkarten auftaucht, da bin ich schon froh, dabei gewesen zu sein. Auch später, als wir wieder unten waren, kam ein richtiges Glücksgefühl auf. Ich konnte mir sagen, jawohl, du hast es geschafft, du hast die Angst überwunden.
Einsätze wie diese haben ja schon recht extreme Seiten. Warum tun Sie sich das an?
JH: Weil das zusammenschweißt. Die besten Kundenbeziehungen entstehen bei solchen Reisen. Wenn Sie in so einer Fünfermannschaft über den Gletscher gehen und wissen, Sie müssen jetzt demjenigen vor und hinter sich vertrauen, dann schweißt das unwahrscheinlich zusammen, so etwas vergisst man nicht.